Ein Jahr Krieg in der Ukraine

Ein Jahr ist vergangen, seitdem Russland die Ukraine überfallen hat und ein grausamer Krieg das Land verwüstet, ein Angriff, der sich nicht nur gegen militärische Ziele richtet sondern auch gegen die Zivilbevölkerung. Laut UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der `Vereinten Nationen sind 8,1 Millionen Erwachsene und Kinder aus der Ukraine geflüchtet, innerhalb des Landes sind 5,3 Mio. Menschen auf der Flucht. Auf Pellworm leben derzeit 30 Erwachsene und Kinder aus der Ukraine. Aktuell besuchen sechs Kinder aus der Ukraine unsere Schule, drei in der Grundschule und drei in der Gemeinschaftsschule.

Diese Kinder werden in den jeweiligen Klassen beschult, zudem erhalten sie sechs Stunden dazu Unterricht ontop. Größere Probleme gibt es nicht. Vier Kinder sind bereits wieder verzogen, in der Spitze besuchten 10 Kinder aus der Ukraine die HNP-Schule.

Auch wenn es anfangs hier und da Schwierigkeiten gab, haben sich die Geflüchteten auf Pellworm gut eingelebt und zum Teil bereits Arbeitsplätze gefunden. Claus Stock vom Amt Pellworm berichtet, dass die Integration gut klappen würde und derzeit keine Probleme bestehen.

Auf den ersten Blick mag sich die Situation der Geflüchteten beruhigt haben,  aber wir können kaum erahnen, wie es in ihnen aussieht.

In der Aprilausgabe des vergangenen Jahres berichteten wir (dePe 04/22 S.4 ff) von Galina und Valerji Faut. Selbst aus der Ukraine stammend erzählten sie, wie es Ihren Angehörigen in der Ukraine erging. Ihr Sohn Viktor hatte 2 jungen Frauen, eine mit ihrem Kleinkind, bei der Flucht geholfen und sie nach Nordfriesland geholt. Trotz aller Sorgen um die Heimat geht es beiden Frauen gut, inzwischen haben sie in Husum eine eigene Wohnung bezogen, Nadja, gelernte Bauzeichnerin mit ihrem kleinen Sohn Max, hat Deutsch-Intensivkurse besucht und bereitet sich auf die B2-Level Prüfung in Deutsch vor, Tanja hat eine Arbeit bei einem Paketservice in Viöl aufgenommen. Eine Rückkehr ins Heimatland steht derzeit nicht zur Diskussion.

Lwiw
Dnipro

Im vergangenen Sommer waren Galina und Valerji in ihrer Heimatstadt Tschop im Westen der Ukraine und berichteten von den Umständen, unter denen die Menschen dort leben. Auf der einen Seite scheint das öffentliche Leben weitgehend normal zu verlaufen und gleichzeitig ist der Krieg überall zu spüren. Fast in jeder befreundeten Familie gibt es Todesopfer oder Schwerverletzte zu beklagen, der Unterricht findet nur online statt, da die Schulen benötigt werden, um Flüchtlinge zu beherbergen. Jahrzehnte alte Freundschaften mit Russen sind zerbrochen, da aus deren Sicht der Überfall auf die Ukraine der„Befreiuung“ dienen würde trotz alledem sei die Stimmung in Tschop und Lwiw erstaunlich optimistisch, alle würden davon ausgehen, dass die Ukraine den Krieg gewinnen und selbst die Krim zurückerobern könne. Auch die im Westen der Ukraine lebenden Russen würden den russischen Angriff verurteilen und sich voll für die Ukraine einsetzen. Galina zeigt Bilder aus dem vergangenen Sommer, die ein fast normales Leben zeigen. Nur die zahlreichen Störche weisen darauf hin, was sich vorwiegend im Osten des Landes abspielt. Auch die Störche sind geflohen und besiedeln nun Schornsteine und Telegraphenmasten im Westen der Ukraine.

Will man sich einen Eindruck von den Schrecken des Krieges und dem Elend machen, dass er mit sich bringt, reicht der Blick auf zwei Fotos, die Galina von ihrem Neffen zeigt. Das erste Bild aus dem August vergangenen Jahres zeigt einen fröhlich gestimmten jungen Mann mit optimistischem und zugewandten Blick, zwei junge Hunde im Arm, ein scheinbar glücklicher Moment. Die zweite Aufnahme zeigt den gleichen Mann, nachdem er 3 Monate in Bachmut in vorderster Front gekämpft hat. Die Augen leer, das Strahlen verschwunden, grenzenlos erschöpft und gezeichnet von den Erlebnissen des Krieges. Seiner Mutter berichtete er, dass er nach diesem Krieg nie mehr der Mensch sein werde, der er einmal gewesen war.

Aus den Medien sind wir scheinbar gut informiert, aber erst im Gespräch wird das Grauen in Ansätzen erfahrbar. Um so wichtiger, dass wir hier auf Pellworm unseren Beitrag leisten und in der Unterstützung der hierhin Geflüchteten und ihres Heimatlandes nicht nachlassen.

Auf Initiative des Bündnis 90/Die Grünen fand am 24.02.2023 zum 1. Jahrestag  des Krieges Russland gegen die Ukraine eine  mit gut 60 Teilnehmer:innen gut besuchte Mahnwache statt. Vertreter alle Parteien waren vertreten und Bürgermeistern Astrid Korth hielt eine kurze bewegende Ansprache. Ein ukrainischer Junge brachte seine Dankbarkeit und die des gesamten ukrainischen Volkes zum Ausdruck und spätestens, als die ukrainischen Familien die Nationalhymne ihres Landes sangen, war die emotionale Betroffenheit aller Teilnehmer zu spüren.

Uwe Kurzke

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