Am Ende dauerte doch alles deutlich länger als ursprünglich geplant. Nach gut 4 Jahren ist der Umbau des ehemaligen Hotels zur Börse, dem späteren Nordseeblick abgeschlossen.
Für die verlängerte Bauzeit sind verschiedene Dinge verantwortlich. Zum einen kam die Pandemie mit ihren Lockdowns, teilweise zusammengebrochenen Lieferketten dazwischen, beteiligte Bauunternehmen und Handwerker mussten den Beginn ihrer Arbeiten mehrmals verschieben. Auch die Planungen im Vorfeld waren recht aufwändig. Der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (kurz: LKN) stellte aufgrund der exponierten Lage des Gebäudes außerhalb des Deichs besondere Anforderungen an die Sicherheit bei extremen Hochwasserständen. Die Anforderungen des LKN beruhen auf einem maximal erwartbaren Hochwasserereignis innerhalb der nächsten 200 Jahre und beinhalten einen„Klimazuschlag“, da für die Zukunft ein zunehmender Anstieg des Meeresspiegels berücksichtigt werden muss. Es brauchte einige Zeit, bis das beste Verfahren zur Nachgründung und statischer Aussteifung gefunden war, um das Gebäude entsprechend zu ertüchtigen. Zunächst war beabsichtigt, die alten Fundamentmauern mit Betonpfählen zu unterbauen. Aufgrund von Bodenuntersuchungen und modernen Berechnungsverfahren haben sich die beteiligten Geotechniker und Statiker letztlich auf eine vollständig neue Fundamentplatte unter dem gesamten Gebäude aus wasserundurchlässigem Beton der hohen Güte C45 und zusätzlichen Stahlbetonwänden im Erdgeschoss geeinigt. Ob das alte Gebäude ohne diese aufwändigen Sicherungsmaßnahmen solchen möglicherweise in der Zukunft eintretenden Wassergewalten hätte standhalten können, darf bezweifelt werden.
Wieviel Tonnen an Stahlträgern im Gebäude „verschwunden“ sind, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, allein in der Decke im Erdgeschoss wurden ca. 12 t Stahlträger verbaut, die mit Gabelstaplern und Fingerspitzengefühl in ihre jeweilige Einbauposition bugsiert werden mussten. Die Bauherren Isabel Sommer und Andreas Ruth waren erst besorgt und später erleichtert, dass auch diese heiklen Montagearbeiten ordentlich und vor allem unfallfrei von statten gingen.
Entstanden sind 14 Ferienwohnungen mit unterschiedlichem Zuschnitt, deren Besonderheit unter anderem darin besteht, dass von jeder Wohnung aus sowohl freier Blick auf die Nordsee wie auch über die Insel besteht, 5 der Wohnungen schauen zusätzlich auf den Alten Hafen. Alle Wohnungen haben einen Balkon bzw. Dachterrasse, die Dachgeschosswohnungen sogar zwei. Beim Innenausbau legten die Bauherren Wert auf ökologische/nachhaltige Baumaterialien und Farben. Oberhalb des Erdgeschosses wurde das Gebäude in Holzrahmenbauweise neu aufgebaut. Fassade und Dämmung wurden so gewählt, dass gleichzeitig ein gesundes angenehmes Raumklima und ein niedriger Energiebedarf erzielt wurde. Tatsächlich besitzt das Gebäude nun den höchsten Energiestandard (A+).
So wird das gesamte Gebäude von Luftwärmepumpen mit Wärme und Heißwasser versorgt, die auch dem ausgesprochen rauen Nordseeklima gewachsen sind. Die Lage außerhalb des Deiches und die nicht immer lieblichen Klimabedingungen auf Pellworm führten allerdings dazu, dass in manchen Teilen Kompromisse eingegangen werden mussten. So konnte der Wunsch der Bauherrin nach Holzfenstern aus diesem Grunde nicht realisiert werden.
Im Erdgeschoss sind Räumlichkeiten und Installationen so gestaltet, dass dort wie früher eine Gaststätte entstehen könnte, die feste Zusage eines entsprechenden Pächters gibt es allerdings noch nicht. Isabel Sommer erzählt im Gespräch, dass auch andere Möglichkeiten der Nutzung denkbar sind, sofern sie im Einklang mit dem Gesamtkonzept des Gebäudes stehen.
Schon von weitem ist das Gebäude zu sehen, ragt es doch mit dem zusätzlichen Stockwerk weit über den Deich. Die einen denken an eine Trutzburg, die nun als vermutlich hochwassersicherstes Haus auf Pellworm am Hafen steht, andere wiederum werden dem alten Hotel zur Börse mit seinem Tonnendach und dem Festsaal nachtrauern. Nur am Rande sei erwähnt, dass der ehemalige Festsaal über der Gaststätte schon vor Jahrzehnten aus statischen Gründen nicht mehr genutzt werden durfte.
Ein Teil der Wohnungen steht zum Verkauf, ein anderer Teil wird zunächst als Ferienwohnung angeboten werden. Erste Interessenten haben bereits konkrete Kaufabsichten geäußert. Bei entsprechender Portokasse wird vielleicht die eine oder andere Pellwormer:in mit einem Kauf einer Wohnung liebäugeln. Dabei sollte allerdings beachtet werden, dass die Wohnungen als Ferienwohnungen ausgelegt und für eine derartige Nutzung vorgesehen sind.
Uwe Kurzke Fotos: Andreas Ruth/Nordseeblick und Uwe Kurzke