Ein Ganzes halbes Leben

Zum Ende dieses Schuljahres scheidet Sonja Reetz-Schaak mit Erreichen der Altersgrenze aus dem aktiven Schuldienst als Lehrerin an der Hermann-Neuton-Paulsen Schule aus. Seit 1988 hat sie Generationen von Schülerinnen und Schülern in die Tücken des Schulalltags eingeführt, Ihnen Mathematik und Deutsch beigebracht und in manchem anderen Fach unterrichtet.

Der Wunsch, als Lehrerin tätig zu werden, reifte schon in der eigenen Schulzeit heran. Gute Lehrerinnen waren für sie die Motivation, selbst an einer Schule tätig zu werden. Gleichzeitig waren weniger förderliche Lehrer (wie bei ihrem Bruder) eine Herausforderung, es selbst einmal besser zu machen.

Nach dem Abitur nahm sie 1979 Ihr Studium an der Universität, später der Pädagogischen Hochschule in Kiel auf. Da ihr Wunschfach Hauswirtschaft in Kiel nicht mehr angeboten wurde, wählte sie die Fächer Deutsch und Mathematik für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Ihr Referendariat fiel in eine Zeit, als es scheinbar einen Überschuss an Lehrer:innen gab und kaum eine Chance auf Festanstellung bestand. So war sie zunächst zeitweise in Lunden und Oster-Ohrstedt im Grundschuldienst tätig, bevor sie für 4 Jahre als Mitglied des Kollegiums der Schule in Nebel in der Klinik Satteldüne auf Amrum tätig wurde. Die Arbeit mit den Kurkindern, die alle sechs Wochen wechselten war wenig befriedigend. Dies machte eine kontinuierliche pädagogische Arbeit unmöglich. Die Fernbeziehung zu Reinhard, ihrem im Juli 2015 verstorbenen Ehemann war mit ein Grund, sich nach Alternativen umzuschauen. Bei einem Gespräch im Schulamt in Kiel wurde beiden als Alternative eine Tätigkeit auf Pellworm mit Aussicht auf eine Verbeamtung angeboten. Ein erster Besuch im November 1987 auf Pellworm ließ beide eher skeptisch bleiben. Damalige Kollegen der Pellwormer Schule, die sie noch von der Zeit an der Universität kannten, rieten eher ab. Das Schulamt in Kiel selbst erklärt, dass in Schleswig-Holstein zwar grundsätzlich das Schulgesetz gelte, auf Pellworm aber die Regeln durch die damalige Rektorin bestimmt würden.  Letztlich gaben aber doch ganz praktische Erwägungen den Ausschlag, doch den Schritt nach Pellworm zu wagen. Gemeinsam leben und arbeiten zu können, keine Wochenendbeziehung mehr, keine endlos langen Fährfahrten von Amrum zum Festland. Ab 1988 unterrichteten beide dann an der Pellwormer Schule.  Gewöhnungsbedürftig waren für Sonja zunächst die Vornamen der Kinder, die ihr als geborene Lübeckerin eher fremd schienen. Momme, Frerk, Meta waren ungewohnt, dass Jenny nicht Dschenny ausgesprochen wurde, war rasch gelernt und mit der gestrengen Rektorin gab es auch bald ein gutes Auskommen. Erstaunlich fand sie die große Zahl von Familien mit 4 und mehr Kindern.

Schon im Schulamt hatte man ihr bereits vor Antritt der Stelle auf Pellworm geraten, sich auch in der Inselgemeinschaft zu engagieren, um rascher integriert zu sein. So war es für die begeisterte Sportlerin keine Frage, Kinderturnen und Gymnastik für Frauen anzubieten. Sie wurde aktiv im Öko-Verein, half der Woll-Connection (einer Zusammenarbeit zwischen der estnischen Insel Hiiumaa und Pellworm) auf die Beine und vielen anderen Aktivitäten ebenso.

Sie berichtet von der Freude, als Klassenlehrerin Kinder über die ersten vier Schuljahre begleiten zu können, ihnen bei den weiteren wichtigen Schritten ins Leben helfen zu können und auch von der Zusammenarbeit im Kollegium, das über viele Jahre nahezu konstant blieb. Zahlreiche Fortbildungen auf dem Festland und Arbeitskreise mit Kolleg:innen waren ihr zum Austausch und zur weiteren Fortbildung stets wichtig.

Manches habe sich verändert, bei der Frage, ob sie heute noch einmal Lehrerin werden würde, zögert sie ein wenig. Die Begeisterung für den Beruf ist ungebrochen. Sie ist sich aber nicht sicher, ob die zahlreichen „Bildungsreformen ihre Ziele erreicht haben. Um diese sinnvoll umzusetzen, waren die notwendigen Bedingungen vor Ort nicht immer erfüllt. Dies erschwerte die tägliche Arbeit unnötigerweise. Insgesamt sei das Unterrichten in Teilen anstrengender geworden. Jahrgangsübergreifendes Unterrichten, Inklusion ohne ausreichende Begleitung sowie ein eher sich schwieriger gestaltender Umgang mit den Kindern aufgrund unterschiedlicher Erziehungsansätzen in Schule und Elternhaus haben das Lehren aus Ihrer Sicht nicht einfacher gemacht.

Vermisst hat Sonja in den letzten Jahren die traditionellen Schulfeste und Umzüge, die über Jahrzehnte fester Bestandteil des Schulkalenders waren. Diese und ähnliche Veranstaltungen hält sie für wichtig, da sie Gemeinschaft bilden und auch deutlich machen, wie sehr die Schule nicht nur ein Ort der Bildung, sondern auch zentrales Element des Insellebens insgesamt sind. Als große Bereicherung für das Schulleben hat sich aus Ihrer Sicht die neue Mensa mit dem Mensagarten und die offene Ganztagsschule erwiesen.

Rückblickend auf mehr als 30 Jahre Tätigkeit als Lehrerin auf Pellworm ist Ihr bei aller Bescheidenheit der Stolz auf das Geleistete anzumerken. Und wenn Sonja sagt: „Ich habe mein Bestes gegeben“, so werden ihr viele Schüler:innen und Eltern nur zustimmen können.

Eine Insel sagt Danke für diesen Jahrzehnte langen engagierten Einsatz!

Uwe Kurzke

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