Auf ein Wort, Sven Frener Interview mit dem Geschäftsführer der NPDG Sven Frener
zum Verkauf der MS „NORDFRIESLAND“

Lieber Sven, die MS NORDFRIESLAND brach am 6. Mai 2025 zu ihrer letzten Fahrt unter der Flagge der NPDG auf. Wie lange stand sie in den Diensten der NPDG?

Sven: Die NORDFRIESLAND wurde 1987 auf Kiel gelegt und stand seit 1988 in den Diensten der NPDG. Mein Vater Stefan Frener hat sie bauen lassen, und wir haben im Laufe der letzten Jahre viel in sie investiert. So haben wir vor 2 Jahren den Fäkalientank erneuert, vor 12 Jahren die Maschinen und zuletzt die Frischwassertanks, alles Dinge, die sehr kostenintensiv waren. Zu der Zeit sind wir noch davon ausgegangen, dass wir das Schiff so schnell nicht verkaufen würden. Es ergab sich mehr oder weniger zufällig in Gesprächen im Februar 2025 in Hamburg, dass die AG EMS mit Sitz in Emden, von der wir die RUNGHOLT gekauft haben, Interesse an der NORDFRIESLAND hat. Das Schiff ist soweit top in Ordnung.

Welchen Zweck erfüllte das Schiff? Ausflugsfahrten / Seebestattungen / Café Tidenhub?

Sven: Das Schiff diente hauptsächlich für Ausflugsfahrten; aber nicht nur. In der Zeit, als wir nur eine Fähre hatten, sollte die NORDFRIESLAND auch als Personenfähre bereitstehen, wenn die PELLWORM I mal ausfallen sollte. Seit 2015 führen wir Seebestattungen durch, die Nachfrage wuchs immer mehr, und zuletzt hatten wir 30 bis 40 Seebestattungen im Jahr. Durch Thelse Jensen schließlich etablierte sich die NORDFRIESLAND auch als Café Tidenhub und bot den Pellwormern und Gästen einen gemütlichen Ort, wenn andere Cafés geschlossen hatten. Dieses Angebot wurde gut angenommen.

Wie war die Auslastung in den Jahren vor Corona?

Sven: Die Auslastung war vor Corona genauso wie im letzten Jahr. Da konnten wir keinen Unterschied feststellen.

War die Auslastung ausreichend?

Sven: Das ist sehr schwer zu beantworten. Ich gebe ein Beispiel: Für Seehundsfahrten müssen wir, weil wir tideabhängig sind, das Schiff zwei Stunden vor Abfahrt zum Tiefwasseranleger fahren. Dort müssen wir bis zur geplanten Abfahrt warten, ob dann auch genügend Passagiere kommen. Ist dem nicht so, fahren wir wieder in den Hafen zurück, die Kosten dafür fallen trotzdem an.

Von Jahr zu Jahr stiegen die Preise. Wie waren die Reaktionen? Der Gäste, der Pellwormer?

Sven: Von der Besatzung habe ich keine Kommentare gehört. Klar, z.B. eine Familie mit zwei Kindern zahlt 28 Euro pro Erwachsener und 14 Euro für jedes Kind; da ist so eine Ausflugsfahrt schon teuer. Aber – unsere Mitbewerber sind sogar noch etwas teurer.

Siehst Du einen Zusammenhang zwischen den gestiegenen Preisen und den Teilnehmerzahlen?

Sven: Nein. Im letzten Jahr hatten wir sogar etwa 80 Teilnehmer mehr als im Jahr zuvor. Jährlich nehmen ungefähr 3000 Gäste an unseren Ausflugsfahrten teil. Die Urlauber möchten etwas erleben, sie wollen ins Weltnaturerbe Wattenmeer, sie wollen Seehunde sehen. Daher glaube ich, dass die Preise vielleicht einige wenige abgeschreckt haben, aber nicht generell.

Immer wieder hört man, die NORDFRIESLAND sei verkauft worden, weil sie ein Verlustgeschäft für die NPDG bedeutete.

Sven: Ein Verlustgeschäft ist die NORDFRIESLAND von Anfang an gewesen. Mit unseren Ausflugsfahrten konnten wir nicht einmal die Personalkosten einfahren. Bei bis zu 50 Teilnehmern reichen 2 Mitarbeiter Besatzung, ab 50 Fahrgästen müssen wir 3 Mitarbeiter als Besatzung einsetzen. Zusätzlich sind in den letzten Jahren die Kosten enorm gestiegen. Man denke nur an Personal-, Energie- und Unterhaltungskosten, das Schiff ist inzwischen 37 Jahre alt.
Hätten wir das Schiff behalten, hätten wir ein Konzept entwickeln müssen, um etwas wirtschaftlicher damit zu fahren. Kaufmännisch betrachtet ist der Verkauf, der sich überraschend schnell ergeben hat, die bessere Lösung. Es ist sehr schade für die Insel, die NORDFRIESLAND ist ein Stück Geschichte der NPDG, mein Herzblut hängt daran, dennoch: der Verkauf ist vernünftig, und es geht irgendwie weiter.

Es heißt, die Seebestattungen seien ein einträgliches Geschäft für die NPDG gewesen. Wenn dies zutrifft, konnten die Seebestattungen etwaige Verluste aus den Ausflugsfahrten nicht kompensieren?

Sven: Nein. Ganz und gar nicht. Wir haben mit den Seebestattungen mehr verdienen können, aber unter dem Strich waren die Zahlen immer rot. Wir hatten im Jahr 30 bis 40 Seebestattungen. Der neue Eigner der NORDFRIESLAND, die AG Ems, plant nun von Cuxhaven aus mit seiner Tochterreederei Cassen-Eils ca. 600 bis 900 Seebestattungen pro Jahr. Da sieht die Wirtschaftlichkeit dann anders aus.
Wir hatten Pläne den Bereich Seebestattungen weiter auszubauen, aber man benötigt auch hierfür Personal.

Plant die NPDG mittel- oder langfristig einen Ersatz für die NORDFRIESLAND anzuschaffen und damit wieder Ausflugsfahrten zu Halligen und Seehundbänken und auch Seebestattungen anzubieten?

Sven: Dann hätten wir das Schiff behalten können. Aber es ergeben sich oft neue Wege. Kürzlich bin ich von jemandem angesprochen worden, der eventuell Fahrten nach Süderoog und Südfall anbieten könnte. Dies sind die beiden Halligen, die die ADLER Reederei wegen ihres Tiefgangs und der Größe des Schiffes nicht anfahren kann. Die Adler V übernimmt nun die Ausflugsfahrten. Für die Gäste wird sich daher nicht viel ändern, es ist ein anderes Schiff, ansonsten aber werden die Gäste hier vom Tiefwasseranleger abgeholt und zurückgebracht. Es gibt einen Flyer der ADLER Reederei mit allen Fahrten und Preisen, der überall ausliegt. Fahrten kann man online buchen, oder bei uns im Büro kaufen.

Und die Seebestattungen?

Sven: Auch die werden durch die Adler V durchgeführt. Alle Bestattungen von Pellworm aus finden weiterhin statt, auch die bereits bei uns angemeldeten.
Die Gedenkfahrt findet wie jedes Jahr am Pfingst-Samstag statt. Es wird der Posaunenchor spielen und Jens-Uwe Jensen wird eine Ansprache halten.

Wie siehst Du insgesamt die Zukunft der NPDG mit ihren Bereichen Fähren, Inselfahrdienst und Bus?

Sven: Unsere Hauptaufgabe liegt im Transport von Menschen, Waren, und Gütern, sprich die Versorgung der Insel sicherzustellen. Alles andere betreiben wir nebenbei. Wir haben den ÖPNV mit den Bussen, den Inselfahrdienst „1515“, der sich so gerade rechnet. Alle Bereiche haben wir permanent auf dem Prüfstand. Wir müssen verstärkt auf die Kosten im Unternehmen achten. Steigende Kosten können wir immer nur kompensieren, indem wir die Fahrpreise anheben oder unser Angebot einschränken. So haben wir in den Wintermonaten die Fährfahrten montags und mittwochs um 07:45 Uhr gestrichen, womit wir Einsparungen generiert haben.

Lieber Sven, vielen Dank für das Interview.

Das Interview führte Maria Th. Kaltwasser im Mai 2025

Fotos Sven Frener, NPDG

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