Projektwoche der Hermann-Neuton-Paulsen-Schule Pellworm
Die diesjährige Projektwoche der Hermann-Neuton-Pausen-Schule stand unter dem Motto „Jugend wird aktiv“. Das Programm wird aus Mitteln der AktivRegion Uthlande EU- und der Kommunen aus dem Regionalbudget gefördert, Träger ist das Institut für vernetztes Denken in Bredeneek. Das Programm hat die Förderung von Jugendbeteiligung und das Nachdenklichkeitshandelns zum Ziel und soll den Schülerinnen und Schülern die Methode des vernetzten Denkens nahebringen. Als zentrale Oberthemen waren nachteilige Daseinsvorsorge, Nachhaltigkeit und Klimaschutz im ländlichen Raum vorgegeben.
Nach einer Auftaktveranstaltung am Freitag, dem 31.3., bei der die Schüler ihre Ideen und Projektvorschläge mit Pellwormer Expert:innen diskutieren konnten, fand am Mittwoch den 5.4. eine große Präsentation der Projekte im Bürgerhus statt. Schulleiter Walter Herrig begrüßte die zahlreich erschienenen Eltern und interessierte Pellwormerinnen und Pellwormer und erläuterte kurz die Idee der diesjährigen Projektwoche. Anschließend übernahmen Lena Schittek und Lenja Diederich gekonnt die Moderation
Wo Erwachsene nicht selten in eingefahren Denkmustern verharren, eröffnet die jugendliche Perspektive oft andere Lösungsmöglichkeiten. Gleichzeitig werden Probleme erkannt, die Erwachsene häufig nicht sehen bzw. über die sie gerne und schnell hinweggehen. Gleich bei der ersten Präsentation wurde die Vision einer ökologischen Insel Pellworm vorgestellt. Das Thema nachhaltige Mobilität nahm einen weiten Raum ein. Es ging um Bushaltestellen und Wartehäuschen, die mit Ladestationen für e-Bikes und Smartphones ausgestattet werden könnten. Der elterliche Hol- und Bringdienst zur Kindertagesstätte und Schule könnte deutlich eingeschränkt werden, gäbe es an den Bushaltestellen Möglichkeiten, ein Fahrrad sicher abzustellen. Nicht nur für jugendliche Fahrradfahrer bergen die Straßenbankette Gefahren und ein optimierter Busfahrplan, bei dem nicht nahezu die ganze Insel durchfahren werden muss, um eine Strecke von knapp 600 m Luftlinie zu überbrücken, würde manches einfacher machen. Intensiv beschäftigte sich eine weitere Gruppe mit dem Thema Mobilität und der Frage, wie durch ein Carsharing-System auf Pellworm unnötige CO2-Emissionen vermieden werden könnten.
Ohnehin spielte das Thema Energie eine wichtige Rolle. Das zentrale Problem einer autarken Energieversorgung auf Pellworm, die fehlenden Speichermöglichkeiten, wurde mit einem auf den ersten Blick überraschenden Ansatz angegangen. Für die Herstellung von Wasserstoff aus Windkraftstrom wird viel Wasser benötigt. So schlug eine Arbeitsgruppe eine Meerwasserentsalzungsanlage zur Wassergewinnung vor. Das gewonnene Wasser könnte für die Wasserstoffproduktion genutzt werden, Wasserstoff, der dann als Energiespeicher bzw. für Mobilität genutzt werden könnte.
Aber auch der private Bereich könnte deutlich nachhaltiger gestaltet werden, so die Jugendlichen. Regional einkaufen wäre ein Ansatz aber auch zumindest an einem Tag in der Woche der Verzicht auf Tiefkühlware. Für die Mensaküche, die sich schon so weit wie möglich aus dem Mensagarten versorgt, wurde der „Future Fries Day“ vorgeschlagen und bereits einmal umgesetzt. Kartoffeln aus dem Mensagarten wurden zu Pommes frites verarbeitet. Der Fleischkonsum müsse reduziert werden. Geplant ist ein Infostand zum Fleischkonsum und den damit verbundenen Klimafolgen. Hier soll eine Blindverkostung von fleischhaltigen und vegetarischen bzw. veganen Speisen chronische Skeptiker, die meinen, dass ein ordentliches Stück Fleisch zu jeder Mahlzeit auf den Tisch gehört, auch geschmacklich vom Gegenteil überzeugen.
Neben der Ernährung beschäftigten sich die Schüler:innen auch mit dem weiten Feld der Bekleidung. Neben Nachhaltigkeitsaspekten wiesen sie auf die Produktionsbedingungen von Fast Fashion hin, wo Kinder als vollwertige Arbeitskräfte für weniger als 1 € / Tag arbeiten müssen, damit wir jeden Tag ein neues T-Shirt anziehen können. Fair-Trade war der zentrale Begriff und ein Anfang soll mit den Schulpullovern und Abschluss-T-Shirts gemacht werden. Gleichzeitig beschäftigte sich eine Gruppe mit den Konsequenzen für Umwelt und Klima, die unsere Wegwerfgesellschaft mit sich bringt. Als erste Umsetzung wird es am 12.7.2023 einen nachhaltigen Flohmarkt an der Schule geben mit Infoständen. Ein Teil der Einnahmen soll den Klassenkassen zu Gute kommen.
Alle Präsentationen zeichneten sich dadurch aus, dass nicht nur mahnend der Zeigefinger erhoben, sondern auch konkrete umsetzbare Schritte vorgeschlagen wurden. Zu allen Themen hatten die Schüler:innen eine intensive Recherche betrieben, fundiertes Zahlenmaterial und wissenschaftliche Erkenntnisse waren bei allen Projekten die Grundlage für Lösungsvorschläge.
Das Publikum war begeistert, langanhaltender Beifall galt dem Engagement der Schülerinnen und Schüler. In der abschließenden Diskussion wurde deutlich, dass auch „die Erwachsenen“ die Vorschläge der Projektgruppen ernst nehmen. So wird es eine Gesprächsrunde der Mobilitätsarbeitsgruppe mit dem Geschäftsführer der Reederei sowie Bürgermeisterin Astrid Korth geben, der Vorsitzende der Energie AG der Gemeinde Dr. Uwe Kurzke wird die Arbeitsgruppe, die sich mit dem Problem der Energiespeicherung intensiv auseinander gesetzt hat, zu einer Sitzung der Energie AG einladen.
Die aktiven Schülerinnen und Schüler der diesjährigen Projektwoche
Alle vorgetragenen Projekte sind es wert einer breiteren Pellwormer Öffentlichkeit bekannt gemacht zu werden. Deutlich wurde wieder einmal, dass das Potential der Jugendlichen zwingend für eine nachhaltige Zukunft der Insel genutzt werden sollte. Dass in den aktuellen Programmen der Pellwormer Parteien zur Kommunalwahl die Forderung zur Einrichtung eines Jugendbeirats lediglich bei der WGP auftaucht, darf nach dieser Veranstaltung nicht so bleiben.
Uwe Kurzke
Fotos: Sven Frener und Uwe Kurzke